Thüringen prüft Alternativen zum Gefängnisneubau mit Sachsen

Ein gemeinsames Großprojekt sollte die Zusammenarbeit zwischen Thüringen und Sachsen stärken: Der Gefängnisneubau in Zwickau. Nun ist unklar, wann die Haftanstalt in Betrieb gehen kann. Doch die Zeit drängt.

Erfurt/Zwickau (dpa) – Die Thüringische Landesregierung prüft Alternativen zum gemeinsamen Gefängnisneubau mit dem Land Sachsen. Die vermutlich mehrjährige Verzögerung beim Bau der JVA in Zwickau mache dies notwendig, teilte das Justizministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt mit. Es verwies dabei unter anderem darauf, dass nach dem Thüringer Justizvollzugsgesetz die Unterbringung von Gefangenen in Gemeinschaftszellen nur noch bis Ende 2024 zulässig ist. «Daher macht die wiederholte Verzögerung die Prüfung von Alternativen notwendig.»

Im Juni hatte Sachsens Finanzministerium bekanntgegeben, dass die Ausschreibung für die Hauptbauarbeiten des neuen Gefängnisses aufgehoben worden sei. Es sei kein wirtschaftlich vertretbares Angebot eingegangen. Laut Ministeriumssprecher Stephan Gößl sollte ein neues Vergabeverfahren vorbereitet werden. Das steht aber derzeit noch aus. «Da wir uns entschlossen haben, Arbeiten als Einzellose auszuschreiben, ist noch Vorplanung nötig», sagte Gößl. Deshalb könne momentan auch nicht seriös Auskunft über die zu erwartenden zeitlichen Abläufe gegeben werden.

Für Thüringen sollten im neuen Gefängnis 370 der insgesamt 820 Haftplätze vorgehalten werden. Nach der Schließung der Haftanstalt in Gera im vergangenen Jahr werden die Gefangenen derzeit auf die fünf noch vorhandenen Gefängnisse im Land verteilt. Dort entsprechen die Haftbedingungen aber nicht überall dem Standard, der erreicht werden soll. «Die Bedingungen in den Justizvollzugsanstalten sind darauf ausgerichtet, ein Klima zu schaffen, in dem die Umsetzung des gesetzlichen Sicherungs- und Resozialisierungsauftrags möglich wird», so der Sprecher des Justizministeriums, Oliver Will.

Dazu gehörten etwa die Einzelunterbringung der Gefangenen, ausreichende Arbeitsflächen und Unterrichtsräume, individuelle Behandlungsangebote und kulturelle Betätigungsmöglichkeiten. «Der Ausbau der Einzelunterbringung war auch einer der Aspekte, die für den gemeinsamen Neubau in Zwickau sprachen», erklärt Will.

Auch wenn es keine direkte Ausstiegsklausel aus dem über eine Laufzeit von 30 Jahren abgeschlossenen Staatsvertrag für das gemeinsame Gefängnis gibt, bleibt wohl ein Hintertürchen offen. Denn in dem Schriftstück heißt es, dass sich die Partner zu Nachverhandlungen verpflichten, «sofern sich während der Laufzeit dieses Staatsvertrags Änderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art ergeben, die Auswirkungen auf die Vertragsdurchführung haben.»

Noch gibt es keine Entscheidung über einen möglichen eigenen Weg Thüringens in der Gefängnisfrage, doch langsam drängt die Zeit. Eigentlich hätte der Neubau in Zwickau bereits im kommenden Jahr eröffnen sollen. Nun ist fraglich, wann der Betrieb dort losgehen kann. Bei der Prüfung von Alternativen wurde laut Justizministerium auch das Angebot von Geras Oberbürgermeister Julian Vonarb (parteilos) «zur Kenntnis genommen und in die Prüfungen einbezogen.» Vonarb hatte vorgeschlagen, einen Standort in Gera für eine neue Thüringer Haftanstalt zu finden.

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