Wir waren am Donnerstag, den 19.12.2013 von 17:00 bis 19:45 Uhr in der JVA Zwickau am Dr.Friedrichs-Ring. Den Besuch hatten wir natürlich entgegen der falschen Pressedarstellung fest terminiert. Hier ist unser Bericht dazu:
Herr May (Anstaltsleiter) hat uns empfangen. Zirka eine Stunde haben wir zunächst vor der Besichtigung konstruktiv unsere Argumente und Anliegen zum Ausdruck gebracht. Wir bewerten das Gespräch insgesamt als sachlich und angenehm. Herr May und seine Kollegen haben einen anspruchsvollen Job, der Anerkennung und Wertschätzung verdient.
Laut Herrn May sind aktuell 170-180 Inhaftierte in der JVA Zwickau. Davon sind ca. 140 Untersuchungshäftlinge und 40 Dauergäste. In diesen Jahr allein sind knapp 1.400 verschiedene Leute innerhalb der JVA im Rahmen einer U-Haft gewesen.
Nach unserer Einschätzung verschiebt sich in der neuen JVA dieses Verhältnis. Es werden demnach rund 600 – 650 Dauerbewohner und etwa 150 – 200 Untersuchungshaftplätze geschaffen. Wir tauschen also definitiv ein vorwiegend zur Untersuchungshaft genutztes Gefängnis gegen eins mit hohem Anteil an länger Verweilenden.
Herr May meinte, dass eine große JVA nichts anderes bedeutet, als das die Anzahl des Personals gemäß Personalschlüssel zunimmt und die Anzahl sowie Größe der Gebäude anders sind. Die Gefahr für die Bevölkerung ändert sich nicht bzw. ist davon nicht berührt. Wobei er darauf hinwies, dass er nur für die Inhaftierten während der Verbüßung der Strafe zuständig ist – danach, wenn die Menschen rechtmäßig frei sind und rückfällig werden würden, ist es nicht sein Verantwortungsbereich.
Damit ist er sachlich gesehen auf der richtigen Seite, zeigt aber auch, dass er sich nicht in unsere Lage „danach“ hineinversetzen kann und muss.
Herr May bestätigte, dass die Angestellten der JVA zu großer Mehrheit in Zwickau bzw. in der direkten Umgebung wohnen. In der JVA Zwickau herrscht ein Personalschlüssel von 0,46, d.h. auf 2 Gefangene kommt ein Wärter.
Herr May hat uns durch das Gefängnis geführt und erläutert, welche Formen der „Lockerung“ möglich sind. Es gibt verschiedene Varianten der Haftlockerung. z.B. 2 Wärter gehen mit Insassen in gefesselter Form raus. Oder später nur noch ein JVA-Beamter mit bzw. ohne Fesselung – später dann der Gefangene mit seiner Psychologin – ganz am Ende geht er alleine und muss zu bestimmter Zeit wieder da sein. Dabei ist wichtig zu wissen, dass von den 40 Dauergästen 26 Plätze für die Resozialisierung/Freigang eingerichtet sind, davon sind 14 für Frauen, 12 für Männer. Ein Anstaltsleiter darf entscheiden, ob jemand raus kommt bzw. unter welchen Auflagen. D.h. Herr May bewertet aktuell alleine (unter Zuhilfenahme von Gutachten), ob jemand gefährlich ist oder nicht.
Es gibt übrigens in unser JVA nur eine einzige Psychologin für die Gutachten – im Einzelfall wird auch mal ein externer Gutachter dazu geholt um sicher zu gehen.
Laut Herrn May sind 50-60 % der Gefangenen „berufstätig“. Maximal verdienen Gefangene durch so eine Tätigkeit, wenn Sie voll arbeiten (also 40 Stunden pro Woche) 220 € im Monat. Zur Zeit wird für Einzelhandels- und Drogerieketten gearbeitet. Aufgaben sind z.B. Zusammenstecken von zwei Plastikteilen für ein Möbelgegenstand, Bekleben von Brotbüchsen mit einem Firmen-Aufkleber oder Bemalen und verarbeiten von Holzfiguren nach „erzgebirgischer Art“. Es gibt eine Drechslerei und eine Malerei. Die Arbeitsplätze, die wir gesehen haben sind zwei kleine Räume im Keller.
Herr May hat aus unserer Sicht das Beste aus dem geringen Platz gemacht. Die aktuellen Arbeitsplätze gefährden aus unserer Sicht keinen mittelständischen Arbeitsplatz in der Region. Dies wird sich jedoch durch die bekannten Rahmen- und Platzbedingungen auch mit Blick auf die Flächenkonzeption der neuen JVA entscheidend ändern. Die neue JVA wird Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben und Arbeitsplatzpotential beanspruchen.
Ein nicht arbeitender Gefangener bekommt 32 € pro Monat vom Staat als Taschengeld. Ein Gefangener wird pro Tag mit 3 Mahlzeiten gespeist (Budget 2,90 €). Die Unterbringung ist quasi „inklusive Vollverpflegung“, d.h. das eigene Geld des Inhaftierten wird nicht dafür verbraucht. Genussmittel muss der Insasse selber kaufen, Schokolade, Tabak und Co.
Ein Gefangener (egal welcher) hat Anrecht auf 4 Stunden Besuchszeit pro Monat im allgemeinen Besucherraum, wo 5 verschiedene Häftlinge bis zu jeweils 3 Menschen an Besuch empfangen dürfen. Also bekommt jeder Häftling pro Woche eine Stunde Besuch. Hofgang hat jeder 1,5 Stunden am Tag. Zum Thema Sexualität: Es gibt keine Zeiten für Mann und Frau innerhalb des Gefängnisses, wo es zu Intimität kommen kann. Nach unserem Kenntnisstand können Gefängnisse der modernen Bauart und andere Konzepte Familienräume auch für dieses Bedürfnis vorsehen.
Das Schließsystem bzw. Sicherungsbedingungen sind aus unserer Sicht modern und gut durchdacht. Angst vor Ausbrechern haben wir mit Blick auf dieses Detail nicht empfunden.
Thema Drogen in Gefängnissen. Herr May sagte, dass regelmäßig der Urin kontrolliert wird und sobald Rückstände von Drogen gefunden werden, dann werden die Inhaftierten stark sanktioniert. Problem ist nur – er hat eingeräumt, dass Drogen in seinen Gefängnissen genommen und eingeführt werden.
Der Weg führt offensichtlich über die Besucher. Denn Insassen dürfen Mitbringsel in Originalverpackung mitnehmen und auf dem Zimmer nutzen z.B. Essen. Leider wird nur einmal pro Monat ein Drogenhund aus Chemnitz eingesetzt.
In den Zellen ist es sehr eng. In diesen leben bis zu 2 Personen. Radio und Fernsehen ist erlaubt, falls der Insasse es sich finanziell leisten kann. Internet, PC und Handy sind verboten. Jeder hat eine Toilette im Zimmer – Duschen sind auf dem Gang. Zwischen 22 und 6 Uhr sind alle Gefängnistüren verschlossen und es herrscht Nachtruhe. Für die Freizeit gibt es Kicker, Billard und Tischtennis.
Wir bedanken uns beim Team der AltJVA Zwickau für diesen Einblick.
Für Fragen stehen wir Euch gern zur Verfügung.
Eure Bürgerinitiative, die weiter aktiv bleibt.