Sächsische Kassenprüfer warnen vor Fehlinvestition bei Großgefängnis
Rechnungshof sieht sächsisch-thüringischen Neubau kritisch
dapd-lsc / von Marius Zippe
Wochenspiegel Dresden / Zwickau | 28.01.2013
Auf dem Gelände des ehemaligen Plattenwerks soll das neue Gefängnis entstehen. Foto: ARCHIV / Foto: Bert Harzer
Der Sächsische Rechnungshof hält den geplanten sächsisch-thüringischen Gefängnisneubau für eine Fehlinvestition. Es bestehe in Sachsen keine Notwendigkeit für die geplante Justizvollzugsanstalt in Zwickau-Pöhlau, die vorhandenen zehn Gefängnisse reichten aus, sagte Rechnungshof-Präsident Karl-Heinz Binus am Montag in Dresden. Er sprach von „unnützen Ausgaben“ und berief sich auf eigene Prognosen zum Bedarf von Haftplätzen in Sachsen.
Demnach ist im Jahr 2020 mit rund 3.000 Gefangenen zu rechnen, etwa 300 weniger als von der Staatsregierung vorhergesagt. Die Zahl der benötigten Haftplätze setzen die Rechnungsprüfer mit gut 3.350 an. Das Justizministerium gehe von 3.700 aus, hieß es. Auch der Thüringer Rechnungshof kritisierte vergangene Woche die Prognosen zur Gefangenenzahl seines Landes als überzogen. Die jeweiligen Landesregierungen verteidigen das Projekt aber und wiesen die Vorhersagen der Rechnungshöfe als falsch zurück.
Sachsens Justizminister Jürgen Martens (FDP) sprach zudem von unverantwortbaren Sicherheitsrisiken, wenn es zur Überbelegungen von Justizvollzugsanstalten (JVA) käme. Der Sächsische Rechnungshof begründet seine Annahmen vor allem mit der Bevölkerungsentwicklung. Das Justizministerium habe die Alterung der Gesellschaft nur unzureichend berücksichtigt. So wachse die Gruppe der über 60-Jährigen in Zukunft stark an, zuletzt auf gut ein Drittel der Bevölkerung. In den Gefängnissen spielten sie dagegen mit rund zwei Prozent kaum eine Rolle.
Mehr Druck auf kleine Gefängnisse
Auch die versprochenen Verbesserungen für Therapien und mehr Arbeitsmöglichkeiten für Gefangene im Neubau wollen die sächsischen Kassenprüfer nicht gelten lassen. Sachsen sei mit seinen Angeboten bereits „gut unterwegs“, sagte der Vizepräsident des Rechnungshofes, Stefan Rix.
Der JVA-Neubau soll 112 Millionen Euro kosten, 740 Haftplätze für beide Länder bieten und 2017 seine Arbeit aufnehmen. In Thüringen soll er Haftanstalten in Gera und Hohenleuben ersetzen, in Sachsen das Gefängnis in Zeithain und die alte JVA in Zwickau. Ursprünglich war das Großgefängnis für 940 Häftlinge geplant. Die Reduzierung um 200 Plätze sei zu begrüßen, hieß es von den Rechnungshöfen. Die beiden Freistaaten sparten damit 35 Millionen Euro.
Nach Angaben von Rechnungshof-Präsident Binus wird durch das neue Gefängnis zudem mehr Druck auf kleinere Haftanstalten entstehen, die weniger wirtschaftlich arbeiten. Als Beispiele nannte er die Gefängnisse in Görlitz und Torgau.
Die sächsischen Grünen mahnten an, die Einwände des Rechnungshofes ernst zu nehmen. Justizminister Martens müsse sie schnell überprüfen und ausräumen, sagte die Landtagsabgeordnete Elke Herrmann. Eine richtige Antwort wäre die Vorlage eines umfassenden Konzepts für den Strafvollzug mit Festlegung aller Gefängnisstandorte.